Frithjof Blaasch oder auch bekannt als Bulgenslag ist einer der besten Wassersport-Fotografen und -Kameramänner im deutschsprachigen Raum. Seine Bilder und Filme fangen die Momente, die wir alle so an unserem Sport so lieben, mit einer ganz besonderen Energie ein. Er versteht es die Stimmung, die Bedingungen und das Licht bei einer Session perfekt einzufangen und in Szene zu setzten. Auch bei uns im Magazin ist er schon mit diversen Aufnahmen aufgetaucht.
Es war also mehr als an der Zeit ihn mal ein paar Fragen zu stellen und einige seiner schönsten Fotos vom Wingfoilen zu präsentieren:
Hallo Frithjof, aufmerksame Beobachter wissen, dass Dein Hauptfokus eigentlich auf dem Windsurfen liegt. Es schleichen sich aber auch immer mehr Aufnahmen vom Wingfoilen ein. Wie kam es dazu?
2020 besorgte Steffi Wahl ein Wingfoil Setup über Philip Horn – es gab zu diesem Zeitpunkt nicht allzu viel Auswahl – und sagte, dass sie das jetzt üben müsste, weil da etwas in Planung sei. Wir teilten uns das Setup und probierten damit etwas rum. Anfangs hatte ich eine ziemliche Anti-Haltung aber ich entdeckte schnell die Vorteile, die eigene Wasserzeit zu maximieren. Zudem machte es unglaublich viel Spaß, weil wir alle auf dem gleichen Level anfingen und uns gegenseitig pushten. Kurze Zeit später wurde ich dann in die VAYU-Idee eingeweiht und involviert.
(HIER geht’s zum Bericht über Steffi Wahl mit Fotos von Frithjof.)
Wingfoilst Du selber auch?
Auf jeden Fall! Seitdem hat sich meine Wasserzeit verdreifacht, obwohl ich nur einen Wing, ein Board und einen Foil habe – keep it simple ist die Devise.
Gibt es einen Unterschied zwischen der Fotografie beim Windsurfen und beim Wingfoilen?
Sehr viele sogar, generell würde ich sagen, dass es deutlich einfacher ist Wingfoilen zu fotografieren. Für die FahrerInnen ist es deutlich einfacher, sich so zu positionieren wie ich es gerne hätte und man benötigt nicht so viel Wind, was es gerade bei Bildern aus dem Wasser leichter macht.
Was machst Du als erstes, wenn Du an den Spot kommst? Fotografieren oder selbst aufs Wasser?
Das kommt ganz darauf an wie die Bedingungen (Wind, Wellen, Licht) sind und wie hoch meine eigene Motivation ist.
Nimmst Du deine Kameraausrüstung immer mit? Oder gibt es auch Momente in denen Du sie bewusst zu Hause lässt, um nur für Dich selber auf’s Wasser zu gehen?
Eigentlich habe ich meine Ausrüstung immer mit dabei, es gab aber auch schon Momente, da habe ich sie ganz bewusst zuhause gelassen. Das ist meistens dann der Fall, wenn ich zuvor viele Aufträge hatte, bei denen ich andere fotografiert habe, wie sie einen Wassersport ausgeübt haben.
Kannst Du den Fotografen/ Kameramann in Dir abschalten, wenn Du selber auf dem Wasser bist? Oder ärgerst Du dich manchmal, wenn Du ein schönes Motiv siehst, dass Du keine Kamera dabei hast?
Ärgern tut es mich nicht, auch wenn sich Wassersport in der Natur natürlich nicht so gut reproduzieren lässt, so sammle ich in solchen Momenten Inspirationen für das nächste Foto. Damit man sich auf eine Sache gut fokussieren kann, braucht es lediglich eine gute Planung. Wenn zum Beispiel absehbar ist, dass es gute Surf- und Lichtbedingungen geben wird, dann plane ich meine eigenen Sessions so, dass ich zum richtigen Zeitpunkt hinter der Kamera stehen kann, ohne das Gefühl zu haben etwas zu verpassen.
Wie bist Du zur Fotografie gekommen?
Mein Opa hat mir als Kind eine Spiegelreflexkamera überlassen, mein Vater war ausgebildeter Fotograf und hat mir die Grundlagen erklärt. Seine Bilder habe ich mir als Kind oft angesehen, gerade die Schwarz-weiß-Aufnahmen haben mich fasziniert. Nach den ersten Filmentwicklungen habe ich das dann aber erstmal sein gelassen. Irgendwann haben Nico Prien (mittlerweile erfolgreicher Windsurfing-YouTouber) und ich angefangen, uns gegenseitig beim Surfen zu filmen. Das war noch mit diesen Mini-DV Kassetten die man selbst digitalisieren musste. Ich hatte dann sogar ein Wassergehäuse für den Camcorder, aber ohne Bedienung, das heißt du hast auf Record gedrückt musstest schnell alles zusammenschrauben und hattest dann 60 Minuten Zeit. Das war natürlich alles ziemlich aufwendig, so dass ich mir irgendwann einen digitalen Camcorder gekauft habe.
Das Filmen und Schneiden hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, aber mir fehlte zu dem Zeitpunkt ein bisschen die Perspektive – es gab da halt nur YouTube und MyVideo und die waren noch im Aufbau. Die größte Aufmerksamkeit bekam man durch Fotos in Magazinen, das war für mich insofern relevant, weil ich keine Kohle hatte, aber gerne neues und besseres Material wollte. Als der Camcorder das Zeitliche segnete, besorgte ich mir eine Spiegelreflexkamera, die konnte super Bilder machen und dazu auch noch filmen. Die ersten Veröffentlichungen im SURF Magazin ließen nicht lange auf sich warten und so steckte ich all mein Geld in Objektive und Wassergehäuse. All das was ich jetzt kurz angerissen habe beläuft sich auf einen Zeitraum von fast 20 Jahren und das Blatt hat sich wieder einmal gewendet – jetzt will man mehr Videos und weniger Fotos.
Hast Du eine Ausbildung oder Ähnliches als Fotograf/ Kameramann absolviert oder hast Du dir alles selber beigebracht?
Ich habe in der Schule oder dem Studium noch versucht alles mögliche an Kursen zu dem Thema Foto/Video zu besuchen, war aber zu diesem Zeitpunkt schon weiter als die Lehrkräfte, so dass ich mich schon als Autodidakt bezeichnen würde. Was mich weitergebracht hat waren kleinere Jobs, bei denen ich anderen Fotografen assistiert habe, zum Beispiel bei Industrie- und Werbeshootings oder auch der Segelbundesliga, wo ich nur Postproduktion gemacht habe.
Wieviel Fotos machst im Schnitt pro Woche bzw. wieviel Zeit fließt in die Fotografie? Kannst du einen Teil deines Lebensunterhalts mit der Fotografie bestreiten?Mit welcher Arbeit verdienst Du sonst deinen Lebensunterhalt?
Ich arbeite in Teilzeit als Sozialpädagoge (25 Std. / Woche) in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, mindestens das gleiche stecke ich wöchentlich in die Fotografie. Es ist mittlerweile tatsächlich ein zweites Standbein geworden und das macht mich sehr glücklich und auch ein wenig stolz. Dadurch, dass ich die Fotografie auch nur in Teilzeit ausübe, bin ich nicht gezwungen Aufträge anzunehmen, sondern kann mir selbst aussuchen, was zu mir passt. Dadurch ist meine Motivation immer sehr hoch und ich versuche immer etwas Neues zu erschaffen.
Fokussierst Du dich nur auf Wassersport-Aufnahmen oder hast Du auch andere Motive?
Grundlegend bin ich nicht auf Wassersport festgelegt, aber es muss schon etwas mit Bewegung oder Natur zu tun haben…
Würdest Du uns verraten, was für eine Ausrüstung Du fürs Fotografieren und Filmen benutzt?
Es ist nicht wichtig welche Ausrüstung man verwendet sondern, dass man sich damit auseinandersetzt und überlegt, was man will. Die wichtigsten Faktoren dabei sind das Zusammenspiel aus Belichtungszeit, Blende und ISO und zusätzlich im Videobereich die unterschiedlichen Formate plus angestrebte Framerate (FPS). Sytemkameras können heutzutage sehr gute Foto- und Videoleistungen erzielen, sind aber auch aufgrund der Technik etwas empfindlicher als Spiegelreflexkameras, diese wiederum hinken im Bereich Video etwas hinterher. Empfehlenswert sind auf jeden Fall Kameras, die die Möglichkeit bieten unterschiedliche Objektive zu verwenden, das ist nämlich mit das Wichtigste, zur Zeit verwende ich häufig ein altes Objektiv aus den 70ern…
Bearbeitest Du deine Fotos noch nach?
Ich war mal auf einer Fotoausstellung und da hat ein älterer Fotograf versucht die Künstlerin bloßzustellen, indem er genau diese Frage gestellt hat. Ja – ich bearbeite die RAW Files natürlich nach. Die Dunkelkammer ist dem Computer gewichen und ich finde es überhaupt nicht verwerflich, die Bilder nachzubearbeiten. Ich versuche die Bilder so zu bearbeiten, wie ich es gesehen habe und an den grauen Wintertagen füge ich dem Surfmaterial noch etwas mehr Sättigung hinzu, denn ich liebe den Kontrast zwischen dem grauen Wetter und dem bunten Material.
Was sind für Dich die besten Bedingungen, um zu fotografieren?
Eigentlich alles was noch unter ISO 800 geht, gerne auch Wetterextreme wie Stürme, Schneefall, Eis, Seenebel, …
Welche Perspektiven gefallen dir am meisten?
Wasserperspektiven und Gegenlicht.
Fotografierst Du lieber aus dem Wasser oder lieber von Land?
Kommt tatsächlich auf die Bedingungen, Lichteinfall und den Spot an. Im Wasser zu schwimmen ist schon immer besonders, weil man dadurch richtig dabei ist und auch mit den Leuten sprechen kann.
Du hattest ja schon einige Veröffentlichungen in Magazinen, warst auch schon öfter beim WOTS als Fotograf tätig und hast auch schon Aufnahmen beim Produkt Shooting für Vayu gemacht. Kann man Dich auch für eine private Fotosession buchen?
Da habe ich bisher keine klare Vorstellung zu entwickeln können. Wenn mich eine Privatperson bucht, möchte diese natürlich auch bei besonders guten Bedingungen aufs Wasser gehen, genauso wie ich. Die Bereitschaft, dann auch das zu bezahlen, was es nun mal kostet, ist dann meistens nicht gegeben. Ich habe mal versucht eine Online Galerie aufzubauen, in der ich Bilder veröffentlicht habe, die ich zufällig bei Sessions gemacht habe. Die Leute hätten sich dann die Bilder als Download kaufen können, mit verschiedenen Lizensoptionen (Privat oder Social Media). Dadurch hätte niemand den Druck gehabt, ein Shooting zu bezahlen und könnte für wirklich wenig Geld sehr gute Bilder bekommen und die sogar an die eigenen Sponsoren (mit der richtigen Lizenz) weiterleiten.
Wir reden hier von 15-30€ pro Bild. Lange rede kurzer Sinn, ich habe das 2-3 Mal gemacht und es hat niemand ein Bild gekauft aber Verlinkungen auf Instagram angeboten. Bringt mir nichts, aber der jeweiligen Person unter Umständen einen besseren Sponsorendeal weil: guter Auftritt bei Social Media. Interessanterweise ist das im europäischen Ausland ganz anders, da wird man direkt gefragt ob sie die Bilder abkaufen können, was sie dann auch machen. Das hält die Motivation hoch, auch einmal andere Surfer zu fotografieren, mittlerweile mache ich nur noch Bilder von Leuten, die ich kenne oder deren Style mir gefällt.
Trotz aller Kritik mache ich das ja grundsätzlich gerne und ich kenne ja auch die Seite der jungen Surfer die sich das Material nicht leisten können und eben gute Bilder/Videos brauchen, um bessere Deals auszuhandeln. Gerade wenn man im Wettkampf nicht konstant TOP 3 fährt, muss man sich eben andere Wege suchen, um den Firmen einen Mehrwert zu bieten. Deswegen fotografiere ich auch sehr gerne die Events WOTS & ROTS von Oli und Leon (1001Grad). Ich könnte es mir einfach machen und nur für einen Eventbericht fotografieren, aber ich möchte jedem Teilnehmer und jeder Teilnehmerin mindestens ein gutes Foto „schenken“. Dementsprechend habe ich ganz schönen Stress in der Postproduktion und so richtig rechnen tut sich das auch alles nicht, aber ich mache das gerne für die Szene, Oli, Leon und die vielen ehrenamtlichen HelfernInnen, die mindestens genauso viel Zeit und Herzblut reinstecken, wie ich.
Eines Deiner schönsten Formate finde ich „One Minute with…“ bzw. „One Cold Minute with…“, in den Du eine Fahrerin oder einen Fahrer eine Minute filmisch mit sehr schönen Aufnahmen darstellst. Planst Du so etwas auch für Wingfoilen?
Danke, das ist schön zu hören, dass es dir gefällt! Das ist tatsächlich auch eines meiner Lieblingsformate. Dieses ONE MINUTE Ding ist tatsächlich aus der zuvor beschriebenen Situation entstanden, beziehungsweise als Konsequenz. Ich hatte keine Lust mehr, so viel Zeit, Arbeit und Ressourcen für irgendwelche Credits auf Instagram zu verbrauchen. Also wollte ich etwas machen, was mir selbst viel Spaß bereitet, wobei ich mich kreativ weiterentwickeln und zudem noch zeigen kann, wie schön Windsurfen ist. Wenn die Person, die darin abgebildet ist, in irgendeiner Weise davon profitiert, dann freue ich mich für sie.
Ich allein entscheide aber auch über die Musikauswahl, Editierung, Grading und auch über das Ausgabeformat. Machmal nötige ich die Konsumenten von Instagram dazu, ihr Handy zu drehen, weil ich einfach keine Lust mehr habe, meine Aufnahmen auf Hochformat zu beschneiden und dann zu hoffen, dass ein 10-Sekunden Reel „viral“ geht. Dann lieber weniger Aufrufe, aber die Gewissheit, dass sich einige Leute dem Ganzen hingegeben haben, so wie du zum Beispiel – dafür danke ich dir!
Wer oder was in diesem Format zu sehen ist, wird ebenfalls von mir entschieden – meist spontan – die Auswahlkriterien sind dabei in der erste Linie der Style, der mir gefallen muss und die Bedingungen müssen den FahrerInnen gerecht werden. Beim Windsurfen fehlen mir noch einige Leute, wie zum Beispiel Niclas Nebelung (Freestyle), den ich kürzlich vor der Linse hatte, aber die Bedingungen wurden ihm nicht ganz gerecht, so dass wir uns noch mal treffen müssen.
Beim Wingen steht auf jeden Fall Henning Nockel ganz oben auf der Liste, er ist in meinen Augen nicht nur ein Pionier des Sports, sondern hat einfach mit den besten Style. Ich habe mal einer wassersportfremden Person einen Clip von Henning gezeigt und ihre Aussage war: „Das sieht so aus, als würde er auf dem Wasser Tanzen“. Ein besseres Kompliment kann es nicht geben und genau das versuche ich mit meinen Videos auch zu erzielen, es soll einfach schön aussehen und alle Menschen begeistern – egal ob mit oder ohne Wassersporterfahrung…
Frithjof, vielen Dank für das Interview!
Hier geht’s zu Frithjofs Instagram-Kanal @bulgenslag, YouTube-Kanal Bulgenslag und Website bulgenslag.de .